Wir spielen überwiegend Kaffeehausmusik, aber zu den leichten Walzerklängen und flotter Marschmusik kommen durchaus auch Werke der Klassik von Mozart, Haydn, Beethoven, Händel . . . Manchmal würden die Mäuschen sogar Tango tanzen können, wenn sie uns denn zuhörten!
Im Orchester sitzen zur Zeit vier erste und vier zweite Violinen, zwei Querflöten, eine Klarinette, eine Posaune, zwei Celli, ein Streichbass, eine Tuba, gelegentlich auch eine Trompete und natürlich unsere „Frau am Klavier“, die uns nicht nur den Takt vorgibt sondern als 1. Vorsitzende des Vereins auch die Richtung!
Bei dieser nicht ganz standardmäßigen Besetzung ist manchmal ein wenig Improvisationstalent gefragt und ein Herantasten an ein passendes Arrangement, aber dieser Herausforderung stellen wir uns gern.
In unsere Reihen kann jederzeit ein weiterer Stuhl gestellt werden. Wir freuen uns über neue Mitspieler und nehmen auch Sie gern in einen Kreis auf, der Spaß am gemeinsamen Spielen hat, aber auch die Kommunikation untereinander (möglichst in den Pausen!!) nicht zu kurz kommen lässt.
Mit dem Konzert zum Jubiläum hat sich das Salonorchester Oberbrechen selbst das schönste Geschenk gemacht. Der Pfarrsaal in Oberbrechen füllt sich schon früh mit der „Fangemeinde“. Schließlich musste sie lang, mehr als zwei Corona-Jahre, auf den nächsten öffentlichen Auftritt warten. Die Instrumente werden gestimmt, von den Klarinetten hört man kleine Melodie-Schnipsel. Als die Musiker ihre Instrumente absetzen, verstummen auf einen Schlag die Gespräche im Saal.
Erwartungsvolle, ja fast andächtige Stille legt sich über den Raum wie in einer Kirche. Der Dirigent, Erhard Köhler, sagt scherzhaft zu seinem Nachbarn: „Jetzt brauchte man ein Vorspiel der Orgel.“ Aber erst einige Minuten später tritt er pünktlich vor das Orchester, mit Applaus begrüßt von den Zuhörern.
Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, gibt er den Einsatz. Wie mit einem Paukenschlag geht es los. Zackig und präzise vorgetragen. Ein Marsch.
„Jetzt geht’s los“, ruft Erhard Köhler ins Publikum. So hieß tatsächlich das erste Stück aus der Feder von Franz Léhar. Kurz übergibt er der Vorsitzenden des Orchesters und gleichzeitig Pianistin, Dr. Katja Wies, das Wort. Sie erinnert mit ihrer Begrüßung an die Gründung des Musikvereins im Jahr 1947, aus dem das Salonorchester hervorging. Alle schwierigen Zeiten hat es überstanden, auch Corona mit seinem erschwerten Probenbetrieb, Musiker kamen dazu, andere mussten gehen. Heute kann man stolz auf 75 Jahre zurückblicken.
Erhard Köhlers Moderation ist wie immer sehr kurzweilig und humorvoll, aber auch unaufdringlich lehrreich. Franz Lehár, dem Komponisten ungarischer Herkunft, der durch seine über 30 Operetten bekannt wurde, und einigen seiner Zeitgenossen ist das Konzert gewidmet. Komponiert wurde so, dass es dem Publikum gefiel.
Mit dem nächsten Stück, „Wien bleibt Wien“ von Johann Schrammel, kommt jedoch ein Komponist zu Gehör, der eher ein Vorgänger zu nennen ist. Mit seinem Quartett zog er in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch die Heurigenlokale. Seine Musik wurde dann zum Inbegriff der „Wiener Volksmusik“ und er zum Vater der heute noch immer gern zum Wein gehörten „Schrammelmusik“. Das Orchester spielt frisch und mit ausgezeichneter Dynamik.
Oscar Straus, der ein „s“ seines Nachnamens unterschlug, nur um nicht mit Johann Strauss verwechselt zu werden, komponierte die Operette „Walzerträume“, aus denen ein Potpourri präsentiert wird. Aufmerksam gemacht, achtet man auf den ersten Teil. „Wie ein Präludium von Bach klingt es“, erklärt der Moderator.
„Fürstenkind“ von Franz Lehár ist längst von allen Spielplänen gestrichen worden, obwohl die Melodien sehr eingängig sind. Das „Warum“ erklärt Erhard Köhler sehr plakativ: Der Inhalt sei ein Gemisch aus Pilcher und Tatort. Die Konzertbesucher kann das nicht stören. Sie freuen sich an einer abwechslungsreichen Melodienfolge.
Der Augenwinkel der Musiker
Manch einer mag sich wundern, wieso denn alle gleichzeitig - auch gegenläufige Melodien - mal lauter, mal leiser, mal schneller, mal langsamer spielen. Das kann nur gelingen bei einem deutlichen Dirigat einerseits und dem Augenwinkel der Spieler andererseits, der es aufmerksam verfolgt.
Ist Hans Schneider Trittbrettfahrer, der sich an Léhars Ruhm anhängen wollte oder schrieb er dem Meister mit „Léhar im ¾ Takt“ eine Hommage?
Die Operette Eva, die ohne Apfel, so Köhler, sei inhaltlich ein Verschnitt aus „My fair Lady“ und Aschenputtel. Ein Waisenkind steigt aus der Arbeiterklasse in die High Society auf, kehrt aber zurück in die „eigene Klasse“. Eine Denkweise aus dem Beginn des 20. Jahrhunderts. Manchmal auch heute noch. Die versteckte Sozialkritik ist vergessen, wenn das Publikum eintaucht in lyrisch zarte Passagen und dann wieder temperamentvolle, die den Geigen einiges abverlangen. Die Querflöte brilliert mit eleganten Ton-Girlanden.
„Die Lustige Witwe“ krönt das gelungene Konzert. Das Medley aus dieser Operette, die „Ballsirenen“ reiht Ohrwurm an Ohrwurm. Und natürlich geht „er“ auch heute zu „Maxim“. Der Dirigent wirft sich den weißen Schal um, winkt mit seinem Chapeau Claque dem Publikum und verschwindet unter stürmischem Beifall. Glücklicherweise kehrt er noch einmal um. Mit dem „Weibermarsch“, ebenfalls aus der „Lustigen Witwe“, wird das Publikum endgültig an die Kuchentheke entlassen. Petra Schramm
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